Barbara Stöckl: „Wir brauchen Mut und ebenso Wut“
Barbara Stöckl und Gebhard Ottacher starten am 4. Oktober mit der Akademie für Dialog und Evangelisation, einer Einrichtung der katholischen Gemeinschaft Emmanuel, ins neue Semester.
In ihrem Eröffnungsstatement schlug Barbara Stöckl, Journalistin, TV-Moderatorin und Krone-Ombudsfrau eine Brücke zum Titel des Talks „Mut statt Wut! Wie helfen wir einander in schweren Zeiten?“ und brach eine Lanze für die Wut. „Ich glaube, wir brauchen Mut und ebenso Wut“, sagte Stöckl im Hof des Figlhauses. Natürlich könne Wut auch ins Negative ausschlagen, aber vor dem Mut brauche es eben oft auch Wut. Erst aus der Unzufriedenheit mit Ungerechtigkeiten heraus können Menschen den Mut fassen, um ins Tun zu kommen und etwas an der Situation zu verändern.
Als Mutmacher für sie selbst nannte Stöckl die Hilfsorganisationen, aber auch die vielen Einzelpersonen, die individuell in ihrem Umfeld Dinge ändern. Vom eigenen Verzicht bis hin zur gegenseitigen Hilfe von Nachbarn würde jeder noch so kleine Stein Gutes ins Rollen bringen. Und: „Wir müssen mehr denn je die Welt aus den Augen des anderen sehen.“ Zuhören und die Meinung des anderen zu verstehen, das eigne sich als Lösungsansatz für jeden Konflikt und kann Menschen wieder zusammenbringen.
Gebhard Ottacher, ehem. Geschäftsführer von “Teach for Austria”, schlug in dieselbe Kerbe und pochte angesichts seiner neuen Tätigkeit als Leiter des „Climate Labs” darauf, unsere Umwelt nicht auszubeuten und Abstriche machen zu lernen. Schon in den 90ern demonstrierte er für das Klima. Nur gemeinsam kann der Weg in eine Zukunft mit geringerem CO2-Verbrauch und damit eine lebenswerte Zukunft gelingen. Als Historiker blickt er mit Hoffnung in die Jahre, die kommen. Die Menschheit hätte bereits viele Krisen bewältigt, auch die vielen Probleme unserer Zeit würden wir gemeinsam lösen können. „Wichtig ist es gerade wegen all den Krisen und der Wut auch ins Handeln zu kommen und nicht zu resignieren“, sagte Ottacher abschließend. Es genüge nicht, nur zu reden und Roundtables zu organisieren, „denn wir stehen bereits am Abgrund“.
Stöckl und Ottacher haben unterschiedliche Zugänge zur Spiritualität. „Ich habe den Glauben gesucht, bin aber nicht fündig geworden“, sagte Ottacher, „aber ich denke, es ist leichter, mit Glauben durchs Leben zu gehen“. Barbara Stöckl half vor einigen Jahren ihr Glaube aus einer schlimmen Lebenskrise. „Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand, dieses Bild hat mich gerettet“, sagte Stöckl. Den Satz trage sie bis heute in ihrem Herzen und gebe ihn gern weiter. „Gleichzeitig hadere ich aber mit einigen Dingen, die in der Kirche passieren“.
Rund hundert Menschen, ein bunter Mix aus verschiedenen Konfessionen, politischen Ausrichtungen und Weltanschauungen, konnten den Podiumsgästen lauschen. Moderiert wurde der Talk vom neuen Co-Geschäftsführer Michael Frey.
Mit dem Talk eröffnete die Akademie für Dialog und Evangelisation das neue Semester. Sowohl der EU-Lehrgang vom „Centre international de formation européenne“ (CIFE) als auch die Programme „Mission Possible“ und „Politisch.Neu.Denken“ finden erneut statt und erfreuen sich dieses Semester großen Zulaufs. Dieses Jahr startet erstmals das neue Leadership-Training, eine Schulung, die Führungsqualitäten mit christlichen Werten kombiniert. Die Kommunikations-Schulung wird weiterentwickelt und im Sommersemester stattfinden. Jeden Donnerstag findet ein spiritueller Abend mit einer eigens im Figlhaus gegründeten Band statt. Das wichtigste Ziel der Akademie bleibt aber, durch Kurse und Veranstaltungen den Dialog mit Menschen aller Weltanschauungen und Religionen zu fördern und zu führen.
Fotos: Samuel Zierlinger